1 Verfassungstext von 2003

Der Ursprung der am 16. März 2003 angenommenen Fürstenverfassung  liegt weit zurück. Die öffentliche Diskussion ausgelöst hat die «Oktober-Krise» von 1992, als sich Regierung und Fürst uneins darüber waren, wer gemäss Verfassung und Gesetz befugt sei, das Datum der Volksabstimmung über den Beitritt zum EWR festzulegen. Siehe dazu auch die «Chronik der Verfassungsfrage».

Nach dem Oktober ’92 wurde das Thema Verfassung immer häufiger zum Thema der innenpolitischen Diskussion. Angetrieben wurde die Diskussion in erster Linie von Fürst Hans-Adam.

Zur Jahrtausendwende hin gewann der Verfassungsstreit zusätzlich an Dynamik:

Der Fürst verschickte im Februar 2000 (“rotes Büchlein”) einen Entwurf an alle Haushaltungen in Liechtenstein. Am 15. August 2000 kündigte er an, dass “der Erbprinz und ich nach den Wahlen [im Februar 2001] auf eine schnelle Entscheidung drängen werden.”

Dazu kam es nicht. Im März 2001 (“grünes Büchlein”) verschickte der Fürst einen überarbeiteten Verfassungsvorschlag an alle Haushaltungen. Im Begleitbrief dazu äussert er das Ziel des Fürstenhauses, nämlich “mit der vorliegenden Neufassung die Verfassungsdiskussion möglichst schnell zu beenden.”

Bevor es jeoch so weit kam, verhandelte das Forum Liechtenstein ­ ein Verein ­ zusammen mit Florian Krenkel, dem persönlichen Berater des Fürsten, abermals eine neue Variante eines Verfassungsvorschlages aus (Vorschlag vom 12. Juli 2001). Dieser sollte, so das Forum, als Basis dienen für weitere Verhandlungen der Regierung und des Landtages mit dem Fürsten. Die zwischen August und November laufenden Gespräche der Regierung mit dem Fürsten, änderten am Vorschlag vom 12. Juli nichts mehr ­ bis auf zwei Kommas und ein Genitiv-”s”.

Nach massiver Kritik des Landtages im Dezember 2001 an dem im November veröffentlichten Bericht & Antrag der Regierung, setzte das Parlament eine Verfassungskommission unter Leitung von Landtagspräsident Klaus Wanger ein, welche zwischen der ersten und zweiten Lesung weitere Verhandlungen mit dem Fürsten führen sollte.

Das Ergebnis der Verhandlungen zwischen Fürst und Kommission ist der “Verfassungsvorschlag des Fürstenhauses vom 27. Juni 2002″.

Der Vorschlag vom 27. Juni entspricht denn auch dem am 5. August bei der Regierung eingereichten Initiativtext.

An der grundsätzlichen Ausrichtung der fürstlichen Verfassungsideen hat sich seit dem “roten Büchlein” nichts geändert. Die Frage nach der Machtverteilung zwischen Volk und Fürst fällt eindeutig nach wie vor zu Gunsten des Fürsten aus. Schlimmer noch: Eine Annahme der Fürsteninitiative würde die Demokratie in Liechtenstein weit hinter die Verfassung von 1921 werfen ­ die den Fürsten schon heute mit einer für westliche Demokratien einmaligen Machfülle ausstattet.

Am 21. Oktober 2001 meldete das Komitee für Verfassungsfrieden die Volksinitiative für Verfassungsfrieden  an.

Beide Initiativen sind am 13. Dezember 2002 Zustandegekommen, das heisst, beide wurden von mehr als 1500 Stimmberechtigten unterzeichnet.

Am 16. März 2003 nahm das Volk mit einer Mehrheit von 64,3 Prozent die Fürstenverfassung an.

Am 15. September 2003 wurde die Fürstenverfassung publiziert und trat damit in Kraft.

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