Liechtenstein blockiert EWR-Erweiterungsvertrag

Liechtenstein hält seine Unterschrift unter dem EWR-Erweiterungsvertrag zurück, da die Tschechische und die Slowakische Republik die Souveränität Liechtensteins nicht anerkennen. 1945 waren 38 Liechtensteiner Staatsbürger – grossteils, aber nicht ausschliesslich Mitglieder der fürstlichen Familie – in der Tschechoslowakei als Deutsche behandelt, enteignet und vertrieben worden.

Landtagsvizepräsident Dr. Peter Wolff (VU) sagt in einem Interview mit dem Vaterland (15. Oktober 2003), es handle sich um einen einsamen Entscheid der Regierung. Auch als Mitglied der Aussenpolitischen Kommission des Landtags komme das Vorgehen völlig überraschend. Das an sich berechtigte Anliegen Liechtensteins hätte man wohl besser nicht im im Zusammenhang eines gesamteuropäischen Vertragswerks ins Spiel gebracht.

Ausserhalb der Medien und offiziellen Stellungnahmen kursiert derweil die Vermutung, dass die Regierung auf Wunsch des Fürsten, die EWR-Erweiterung vorerst nicht unterschrieben hat.

In einem Interview mit dem Liechtensteiner Vaterland (22. Oktober) erklärt Fürst Hans-Adam, er unterstütze 100-prozentig das Vorgehen der Regierung, obwohl ihm diese Entscheidung nicht leicht gefallen sei. «Es gab keinen anderen Weg, denn die Souveränität des Landes und das Selbstbestimmungsrecht des liechtensteinischen Volkes sind wichtiger als der EWR-Vertrag.»

Die Infragestellung des EWR-Vertrags stösst bei den EWR-Partnern Island und Norwegen und im Inland in Wirtschaftskreisen auf Kritik. Am 29. Oktober berichten die Medien, dass der norwegische Ministerpräsident nach Prag und Pressburg reist, um zu vermitteln. Die Vermittlungsversuche bringen aber keine Veränderung. Am 5. November teilt die Regierung in einem Mediengespräch mit, man werde nun doch zusammen mit Island und Norwegen unterzeichnen, «weil auch in Liechtenstein das Interesse gross ist, den Erweiterungsvertrag rechtzeitig zu unterzeichnen.» Am 11. November kommt in Vaduz mit vier Wochen Verzögerung zur gemeinsamen Unterzeichnung des EWR-Erweiterungsvertrages durch Island, Liechtenstein und Norwegen. Fürst Hans-Adam gibt schliesslich in einem Interview seiner Hoffnung Ausdruck, dass Politiker, «für die nicht nur die Monarchie zur Disposition steht, sondern auch die Souveränität des Landes» abgewählt werden: «Wir können nur hoffen, dass das Volk bei den nächsten Wahlen seine Konsequenzen ziehen wird, denn sonst wird der Schaden für unser Land immer grosser werden. Die tschechischen und slowakischen Politiker haben gegen über der Haltung unserer Regierung mehr Verständnis gezeigt als diese Oppositionspolitiker. Das ist schon bedenklich.»

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